Erwachsenenbildung in evangelischer Verantwortung – Bildungsarbeit in der Kirchengemeinde

Bildungs- und Lernräume in der Nordkirche

Die Nordkirche ist reich an Orten, an denen Bildungsarbeit für und mit Erwachsenen stattfindet. Hier sind beispielsweise die Aus- und Weiterbildung von Gemeindepädagog:innen und Religionslehrer:innen zu nennen sowie die Weiterbildungen für ehrenamtlich Mitarbeitende im Besuchsdienst, die Lektoren- und Prädikat:innen-Ausbildungen und die Kirchenführerausbildung. Darüber hinaus gibt es ein vielfältiges Bildungsangebot auf der Ebene der Kirchengemeinden und der Dienste und Werke. In diesen freizeitorientierten Präsenz-Seminaren, Workshops, Vorträgen, Gemeindegruppen und in digitalen Formaten wird eine reiche Palette an Inhalten der religiösen, politischen und kulturellen Bildung vermittelt.
Die evangelischen Landeskirchen zählen mit ihren auf den Ebenen der Landeskirche, der Kirchenkreise und der Kirchengemeinden angebotenen Bildungsveranstaltungen zu den größten nicht-staatlichen Bildungsanbietern in der Bundesrepublik Deutschland. Sind Sie auch dabei?

In der Nordkirche ist die kirchliche Bildungsarbeit nicht zentral organisiert. Verschiedene Einrichtungen und Kirchengemeinden verantworten vielfältige Bildungsangebote. An folgenden Orten können Sie sich über Bildungsangebote informieren:
www.nordkirche.de/veranstaltungen
www.erwachsenenbildung.nordkirche.de
www.akademie-nordkirche.de

Evangelische Erwachsenenbildung in reformatorischer Tradition

Evangelische Bildungsarbeit steht in einer langen reformatorischen Bildungstradition. Sie stärkt das eigenverantwortliche Handeln des Menschen im christlichen Werterahmen: Offenheit für verschiedenste Themen und Meinungen, Reflektion und Diskussion, Wertschätzung des anderen, Teilhabe und Partizipation sind Schlüsselbegriffe evangelischer Bildungsarbeit. Evangelische Bildungsarbeit ist der Persönlichkeitsentwicklung und gesellschaftlichen Einbindung des Individuums verpflichtet. „Evangelisch bilden bedeutet, dass der einzelne Mensch um Gottes willen im Mittelpunkt steht. Es geht darum, ihn oder sie im Horizont der christlichen Tradition und neuester Erkenntnisse zu fördern. Daher ist Evangelische Bildungsarbeit weltoffen positioniert und dialogisch“, heißt es von Seiten der EKD.

Individuelle Bildung – Der große Schatz gemeindlicher Bildungsarbeit

Neben den oben genannten gibt es weitere Bildungsräume, die der sogenannten informellen Bildung zugeordnet werden. Informelle Bildung hat keinen bestimmten Rahmen, wie etwa ein Seminar oder ein Vortrag. Informelle Bildung findet dort statt, wo sich einzelne Menschen interessegeleitet und selbstverantwortlich weiterbilden, sei es etwa durch das Lesen von Büchern oder Inhalten auf Websites, in Video-Tutorials und – ganz wichtig – durch das gemeinsame Tun und die mündliche Weitergabe von Wissen und Informationen und den Austausch dazu. Informelle Bildung ist die Regel in der Arbeit des Kirchengemeinderats, in der Arbeit von und mit ehrenamtlichen Mitarbeitenden und weiteren kirchlichen Gremien. „Wie macht Ihr das?“ „Die Terminabsprache organisierenen wir bisher folgendermaßen …“ „In dieser Gruppe haben wir die Erfahrung gemacht, dass…“ „Für den Aufbau des Kurses habe ich mir Informationen von XY geholt“. Auf diese Weise wird der reiche Schatz an Erfahrungen, das Wissen um (Gemeinde)Kulturen und Traditionen an die Gemeinschaft weitergegeben und weiterentwickelt.
Wie setzt sich der Erfahrungs- und Wissensschatz Ihrer Gemeinde zusammen?

Bildung für die Gemeinschaft – Die Weitergabe von Wissen

Die informelle, also nicht strukturierte Weitergabe von Wissen in kirchlichen Gremien und in der Gruppenarbeit birgt auch Gefahren: Das Wissen ist in der Regel an einzelne Menschen gebunden. Sie fungieren mit ihrer oft langen Erfahrung als prallgefüllte Wissensspeicher. Fallen sie aus, fällt auch ihr Wissen weg und es entsteht eine Wissenslücke, die von der Gemeinschaft mühsam geschlossen werden muss. Solche Wissenslücken bergen natürlich die Chance, in kurzer Zeit Neues Wissen zu entwickeln. Für die kontinuierliche gemeindliche Arbeit ist es jedoch von Vorteil, wenn die Weitergabe von Wissen gesteuert verläuft und Neues nicht überstürzt gewonnen werden muss, sondern durch bewusstes Abwägen gestaltet werden kann.

Informationen zu erhalten, zu bewahren und weiterzugeben ist ein Machtinstrument in jeder Kommunikation. Evangelische Bildung versteht sich als gemeinschaftsstärkend, transparent und partizipativ. Auf die gemeindliche Arbeit bezogen bedeutet das, dass alle für die kontinuierliche und erfolgreiche gemeindliche Arbeit erforderlichen Informationen und Wissensbestände an alle Beteiligten weitergegeben und in der Gruppe oder im Gremium diskutiert und weiterentwickelt werden.
Wie gelingt Wissensweitergabe und Bildung für die Gemeinschaft bei Ihnen?

Bildung in der Gemeinschaft, Bildung mit der Gemeinschaft – Partizipation und Beteiligung

Evangelische Erwachsenenbildung ist in erster Linie Persönlichkeitsbildung. Als Individuen sind wir von Gott geschaffen. Er sieht uns an. Evangelische Bildung heißt, diesen Blick zu spüren und mit ihm selbst zu werden. In diesem Bildungsverständnis kann es keine Dozent:in geben, die weiß, wie es „richtig“ geht. Das zur Verfügung gestellte Wissen, die zur Verfügung gestellte Erfahrung ist stets ein Angebot an das Gegenüber. Die Teilnehmenden der Bildungsveranstaltung, die ehrenamtlich Mitarbeitenden, die Gremienmitglieder entscheiden individuell, ob und wie sie das Angebot für sich annehmen können und wie sie es für sich weiterentwickeln.

Für diejenigen, die Wissen weitergeben und Inhalte vermitteln, bedeutet dies, dass sie sich einlassen müssen auf die Bedarfe der Teilnehmenden. „Wer steht mir da gegenüber?“ „Ist das Wissen, sind die Inhalte, die ich weitergeben möchte, für die Teilnehmenden von Bedeutung?“ „Können sie damit weiterarbeiten?“ „Was interessiert mein Gegenüber?“ „Wie kann ich ihn/sie erreichen?“
Ziel ist es eine von Wertschätzung getragene themenbezogene (Bildungs-)Gemeinschaft zu werden, in der die jahrzehntelangen Erfahrungen jedes Einzelnen der erwachsenen Teilnehmenden Raum haben.

Bildung in der Kirchengemeinde stärken

Der Kirchengemeinderat hat den Auftrag, gemeindliche Bildungsarbeit zu stärken und zu fördern. Dazu gehört auch, die meist ehrenamtlich Mitarbeitenden in den Gemeindegruppen zu unterstützen: Werden technische Ausstattungen, zum Beispiel für digitale Angebote oder zur Terminkoordination benötigt? Ist zusätzliches pädagogisches Material erforderlich? Mit welchem Bildungsverständnis leiten die Gruppenleitende ihre Gruppen? Gibt es einen Wunsch nach Weiterbildungsmöglichkeiten?

Dieser Beitrag wurde von Dr. Jutta Petri aus der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft Erwachsenenbildung der Nordkirche erstellt.