Berufungen und nachträgliche Ergänzungen

Herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Wahl in den Kirchengemeinderat! In einem festlichen Gottesdienst sind Sie mit Abgabe des Gelöbnisses in Ihr Amt eingeführt worden. Sicher wird Ihnen dieses Ereignis lange in Erinnerung bleiben. Unmittelbar daran hat sich die konstituierende Sitzung des neu gebildeten Kirchengemeinderats angeschlossen (Vgl. dazu § 34 KGRWG). Mit Abschluss der Einführung, zu der die Konstituierung bindend gehört, sind Sie Mitglied des neuen Kirchengemeinderats und beginnen Ihr Amt in der Gemeindeleitung. Gleichzeitig endet das Amt der bisherigen Mitglieder des bis dahin noch amtierenden (alten) Kirchengemeinderats.

Inhalte

Entscheidungshoheit über maximal zwei Berufungen

Bis spätestens vier Monate nach der Konstituierung

Berufungen nur als notwendige Ergänzungen

Geschlechtergerecht berufen

Voraussetzungen für eine Berufung

Vorzeitiges Ausscheiden: Lücke füllen

Nachwahl

Checkliste zur Nachwahl oder Nachberufung

Entscheidungshoheit über maximal zwei Berufungen

Sicher ist Ihnen aufgefallen, dass Ihr Kirchengemeinderat bisher nur aus gewählten Mitgliedern und Mitgliedern kraft Amts besteht (Vgl. Artikel 30 Absatz 1 und 2 der Verfassung). Gab es bisher nicht auch Mitglieder, die berufen wurden? Ja, die gab es. Und die kann es auch im neuen Kirchengemeinderat geben. Allerdings liegt die Entscheidungshoheit darüber – und das ist seit der Kirchenwahl 2022 neu – ausschließlich bei Ihnen, dem neuen Kirchengemeinderat. Sie müssen sich dazu mit dem Kirchenkreisrat verständigen, also – wie es § 17b Absatz 1 KGO sagt – ins Benehmen setzen. Dabei steht es Ihnen frei zu entscheiden, ob Sie ein Mitglied oder zwei oder auch gar kein weiteres Mitglied berufen wollen. Es ist nicht möglich, mehr als maximal zwei Mitglieder zu berufen.

Bis spätestens vier Monate nach der Konstituierung

Sie haben sich gerade als neue Gemeindeleitung im Kirchengemeinderat konstituiert. Sie wollen sich erst untereinander kennenlernen. Eine Entscheidung über einen eventuell vorliegenden Berufungsbedarf können Sie allerdings auch nicht endlos vor sich herschieben. Deshalb ist eine Berufung nur bis zum Ablauf einer Ausschlussfrist von vier Monaten nach der Konstituierung des Kirchengemeinderats zulässig.

Berufungen nur als notwendige Ergänzungen

Das mit der Kirchenwahl als demokratisches Prinzip des Gemeindeaufbaus festgestellte Ergebnis der Zusammensetzung des Kirchengemeinderats sollten Sie mit der Berufung nicht über das Notwendigste hinaus beeinflussen oder verändern. Die Berufungsmöglichkeit gilt nun nur noch als Kooption. Dies ist laut Duden die „nachträgliche Hinzuwahl neuer Mitglieder in eine Körperschaft durch die dieser Körperschaft bereits angehörenden Mitglieder“. Sie soll als mögliche Ergänzung eine Veränderung der gesetzlichen Anzahl der Mitglieder des Kirchengemeinderats bei Bedarf und ausnahmsweise ermöglichen. Eine Berufung soll in Ansehung des Wahlergebnisses nur erfolgen, wenn für die Leitung der Kirchengemeinde erforderliche Fähigkeiten oder Kompetenzen in der Zusammensetzung des Kirchengemeinderats fehlen.

Geschlechtergerecht berufen

Bei einer Berufung ist auf den Ausgleich der Geschlechterrepräsentanz und die Berücksichtigung jüngerer Gemeindeglieder zu achten. Prüfen Sie daher vorab gut, ob für die Gemeindeleitung noch Personen fehlen, die für Aufgaben und Arbeitsbereiche in Ihrer Kirchengemeinde Qualifikationen mitbringen, die nicht bereits im Kirchengemeinderat vertreten sind.

Voraussetzungen für eine Berufung

Berufen werden kann, wer am Tag des Berufungsbeschlusses die Wählbarkeitsvoraussetzungen erfüllt. Eine Mitarbeiterin beziehungsweise ein Mitarbeiter der Kirchengemeinde kann nach den für die Kirchenwahl geltenden Vorschriften nur dann berufen werden, wenn nicht bereits eine solche bzw. ein solcher der Kirchengemeinde gewählt wurde. Hierbei müssen Sie darauf achten, dass durch eine Berufung die Anzahl der Mitglieder kraft Amts zusammen mit der einen Mitarbeiterin beziehungsweise dem einen Mitarbeiter Ihrer Kirchengemeinde nicht mehr als ein Drittel der Mitglieder Ihres Kirchengemeinderats betragen. Auch mit einer fakultativen Berufung muss die Mehrheit der Ehrenamtlichen hinsichtlich der Zusammensetzung des Kirchengemeinderats eingehalten werden. Schließlich ist die Berufung einer Person, die Ehegattin oder -gatte, Lebenspartnerin oder -partner, Elternteil, Kind, Schwester oder Bruder eines Mitgliedes des Kirchengemeinderates ist, nur in begründeten Ausnahmefällen im Einvernehmen mit dem Kirchenkreisrat zulässig (Vgl. zur Berufung § 17b Absatz 1 und 2 KGRWG).
Berufene Mitglieder sind zunächst in einem Gottesdienst mit Abgabe des Gelöbnisses feierlich in ihr Amt einzuführen, bevor sie Mitglied Ihres Kirchengemeinderats werden und ihr Amt der Gemeindeleitung beginnen. Zu weitergehenden Fragen beraten Sie gerne die Wahlbeauftragten in Ihrem Kirchenkreis.

Wie wird die Lücke geschlossen, wenn während der Amtszeit ein Mitglied des Kirchengemeinderats vorzeitig ausscheidet?

Mit der Konstituierung beginnt die sechsjährige Amtszeit im Kirchengemeinderat. Und doch kann es eine Anzahl von Fällen geben, in denen vorzeitig einzelne gewählte oder berufene Mitglieder aus dem Kirchengemeinderat ausscheiden (Näheres in den §§ 17c und 17d KGO).

Sind gewählte Mitglieder Ihres Kirchengemeinderats ausgeschieden, so müssen Sie unverzüglich die Anzahl an wählbaren Gemeindegliedern nachwählen, die den Festsetzungen über die Anzahl der nach den für die Kirchenwahl 2022 geltenden Vorschriften zu wählenden Mitglieder entspricht. Dies ist die Anzahl, die im Wahlbeschluss Ihrer Kirchengemeinde festgelegt worden ist (Vgl. § 8 KGRWG). Eine Aufteilung in Gemeindewahlbezirke ist dabei zu beachten. Anders als bei der Kirchenwahl 2022 ergänzen Sie sich durch Wahl also selbst und es findet keine Wahl durch alle wahlberechtigten Gemeindeglieder mehr statt.

Nachwahl

Zunächst sorgen Sie als Kirchengemeinderat für die Bekanntgabe des Ausscheidens durch Abkündigung und fordern die Gemeindeglieder zu Ergänzungsvorschlägen auf. Sie sollen geeignete Gemeindeglieder aus den verschiedenen Bereichen der Kirchengemeinde ansprechen und zu einer Kandidatur motivieren. Stellen Sie dafür eine Wahlvorschlagsliste auf, in der auch die in der Wahlvorschlagsliste für die Kirchenwahl 2022 aufgelisteten, aber nicht gewählten Kandidierenden mit aufgenommen werden müssen, sofern diese Gemeindeglieder noch für eine Wahl zur Verfügung stehen. Dabei strebt der Kirchengemeinderat eine Ausgewogenheit in der Repräsentanz der verschiedenen Gemeindebereiche und der Geschlechter sowie eine Beteiligung von jüngeren Gemeindegliedern an. Die Wahl einer Person, die Ehegattin oder -gatte, Lebenspartnerin oder -partner im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes, Elternteil, Kind, Schwester oder Bruder eines Mitgliedes des Kirchengemeinderates ist, ist nur in begründeten Ausnahmefällen im Einvernehmen mit dem Kirchenkreisrat zulässig (Vgl. § 17e Absatz 1 KGO). Die für die Kirchenwahl geltenden Vorschriften über das Wahlergebnis sind entsprechend anzuwenden. Näheres dazu finden Sie in den Handouts Nummer 5 und Nummer 6.   

Bei Nachberufungen gilt grundsätzlich das, was zu einer fakultativen Berufung innerhalb von vier Monaten nach der Konstituierung des neuen Kirchengemeinderats gesagt wurde. Auch vor einer Nachberufung müssen Sie erneut prüfen und entscheiden, ob eine Nachberufung sinnvoll ist, um für die Leitung der Kirchengemeinde erforderliche Fähigkeiten und Kompetenzen im Kirchengemeinderat sicherzustellen. Eine im Kirchengemeinderat „automatisierte“ Nachfolge von einst berufenen Mitgliedern gibt es also nicht (Vgl. § 17e Absatz 2 KGO).
Auch nachgewählte oder nachberufene Mitglieder sind zunächst in einem Gottesdienst mit Abgabe des Gelöbnisses feierlich in ihr Amt einzuführen, bevor sie Mitglied Ihres Kirchengemeinderats werden und ihr Amt der Gemeindeleitung beginnen.

Checkliste zur Nachwahl oder Nachberufung

Folgendes ist für die Vorbereitung einer Nachwahl oder Nachberufung zu tun:

  1. Das Ausscheiden eines Mitglieds muss rechtskräftig sein.
  2. Der Kirchengemeinderat gibt das Ausscheiden öffentlich bekannt und fordert die Gemeindeglieder zur Abgabe von Ergänzungsvorschlägen auf.
  3. Der Kirchengemeinderat spricht Gemeindeglieder aus den verschiedenen Bereichen der (gesamten) Kirchengemeinde an, oder, sofern die Kirchengemeinde in Gemeindewahlbezirke eingeteilt ist, nur innerhalb des Gemeindewahlbezirks, aus dem eine Nachwahl stattfinden muss, und motiviert sie zur Kandidatur.
  4. Der Kirchengemeinderat wirkt darauf hin, dass wie bei der Kirchenwahl (vgl. § 11 Absatz 1 Satz 4 bis 6 KGRWG) auf die Geschlechtergerechtigkeit und die Repräsentanz von jungen Menschen geachtet wird.
  5. Der Kirchengemeinderat stellt eine Wahlvorschlagsliste auf, auf die die (nicht gewählten) Vorgeschlagenen der Wahlvorschlagsliste der Kirchenwahl 2022 aufgenommen werden müssen, sofern diese Gemeindeglieder noch für eine Wahl zur Verfügung stehen.
  6. Die Kandidierenden erhalten die Möglichkeit, sich in geeigneter Form im Kirchengemeinderat vorzustellen.
  7. Der Kirchengemeinderat wählt in einer Sitzung, ermittelt das Wahlergebnis, kündigt es ab und teilt es dem Kirchenkreisrat schriftlich innerhalb einer Woche mit. (vgl. § 27 KGRWG).
  8. Das ergänzte Mitglied des Kirchengemeinderats wird mit Gelöbnis in einem Sonntagsgottesdienst (vgl. § 34 KGRWG) eingeführt.

Dieser Beitrag wurde von Oberkirchenrat Sebastian Kriedel erstellt.